Dienstag, 8. März 2016

Künstler - Zwischen Inszenierung und Persönlichkeit























Interview
mit Alexej Rjaboschapka

Delanna: Aleksej, Du hast mit 5 Jahren mit Tanzen angefangen, hast im Ensemble getanzt und an Meisterschaften Teil genommen.
Welche Tanzrichtungen gehören zu deinem Tanzlebenslauf

Aleksej:
Ein herzlichesHalloan alle! Der Anfang war gar nicht so schwer: Meine Mutter brachte mich in die Folklore-Tanzgruppe. Aber die Fortsetzung bzw. dran zu bleiben war um einiges schwieriger. Ich war niemals der Vorzeigetänzer aus der ersten Reihe und die Krisen-Momente mit dem Gedanken aufzuhören gab es oft, besonders im “schwierigen Alter.” Parallel zum Tanzen habe ich Leichtathletik gemacht, und das machte mir mehr Spaß als das Tanzen. Aber es ist so gekommen, wie es gekommen ist. Vielleicht gibt es ein Drehbuch von Oben, und zu sagen, dass ich etwas bereue, wäre gelogen. 

Sowjetisches System der außerschulischen Bildung hatte ein besonderes eigenes System. So gab es ein Pflichtprogramm für alle Ensembles und Gruppen unabhängig von Richtung. Das Programm beinhaltete klassisches Training an der Stange – Ballett (bisher erinnere ich mich daran wie an etwas Schreckliches ;)), zeitgenössische Choreographie, Grundlagen des Standard-Tanzes. Und Schwerpunkt meines Ensembles war Charakter- und Volkstanz.


Delanna: Mit Orientalischem Tanz hast du mit ungefähr 21 Jahren angefangen und es war eher „das muss ich können“ als die Liebe auf dem ersten Blick, die sich dann aber doch zu einer großen Liebe entwickelt hat. Wenn du in drei Worten den Orientalischen Tanz beschreiben würdest, welche wären es?
Aleksej: Wenn ich diese drei Begriffe zu Beginn wählen sollte, hätten sie sehr den folgenden Stereotypen entsprochen: Mystik, Erotik, Weiblichkeit...

Jetzt. Jetzt ist mein Blickwinkel weit entfernt von den naiven Vorstellungen über den Orientalischen Tanz und Kultur des Mittleren Ostens. … Ich denke, jetzt würde ich folgende drei Wörter wählen: Tiefe, Leichtigkeit, Weisheit.
Wahrscheinlich finde ich demnächst andere Inhalte. Ich bin im Lernprozess.


Delanna: Deine Auftritte versprühen Charisma, Witz und Scharm. Inwieweit ist es eine Darstellung? Oder lässt du deine Persönlichkeit auf der Bühne Preis?

Aleksej: Na toll, jetzt werden die Geheimnisse enthüllt :) 
Danke für´s Kompliment in Wertung meiner Auftritte. Im Leben bin ich viel ruhiger und durchsichtiger. Ich bin auf den ersten Blick auch kein Bühnen-Mensch. Introvertierte Person, die das ganze Leben lang Angst vor Publikum hat, bekommt die doppelte Dose angenehmen Adrenalins während des Auftritts – das ist über mich. Alles was ich auf der Bühne mache, bleibt auf der Bühne. Das ist wie das zweite Leben, die zweite Haut... Das ist wahnsinnig interessant und wäre aber zu viel für das alltägliche Leben. 



Delanna: Und damit gleich zur Frage aller Fragen. In wie weit ist ein Tänzer inszeniert? Setzt der Tänzer/ Künstler automatisch mit Kostüm auch eine Maske auf?
Aleksej: Selbstverständlich. Das ist ein Teil des Artistenberufs! Das ist sein Prinzip und die Basis! Und wenn du das meisterst, wenn du es schaffst dich in eine andere Gestalt, andere Gefühle und Rhythmus zu verwandeln, dann ist es die höchste Auszeichnung für dein Werk. Wenn wir auf der Bühne uns selbst darstellen, dann ist es eine Art Seelen-Striptease, und das führt wiederum dazu, dass der Tänzer zum Künstler seiner eigenen Gestalt wird, der Künstler und die Rolle werden eins. Ich denke, dass es auch nicht anders sein kann. Alles bleibt hinter der Bühne: Freude, Verzweiflung, Schmerz, Begeisterung... Du bringst auf die Bühne deine Darstellung, Emotionen der Musik, Inszenierung des Tanzes, Liebe zum Publikum und Furcht vor ihm. Sinn des Tanzes ist, dieses Publikum dazu zu bringen dir zu glauben, mit dir zu fühlen und deine Vision und Impression zu verstehen. Die Hauptaufgabe des Künstlers ist, nicht zu lügen, sondern das aufrichtig zu verinnerlichen, was er erschaffen hat, und zu schaffen, es an die Zuschauer rüber zu bringen... ihre Herzen zu erreichen.

Delanna: Beeinflusst die Persönlichkeit den Tanz oder der Tanz die Persönlichkeit?

Aleksej: Ich finde, das ist eine gelungene Symbiose... Sie bilden und ergänzen einander. In meinem Fall, und ich bin sehr ambitioniert, hat der Tanz mir geholfen mich selbst zu finden und an mich selbst zu glauben. Das hat seinerseits meine Auftritte und Workshops bestimmter und mutiger gemacht. Wenn man über die Beeinflussung der orientalischen Kultur spricht, dann ist es bei mir eher nicht so offen passiert. Ich habe angefangen das besser zu verstehen, mehr aber auch nicht. Ich bin eben kein Orientale :-) Aber wenn ich meine Schüler beobachte, dann kann ich mit Bestimmtheit sagen, dass es in ihrem Leben gewisses Spiel um die Wette ist... Der Tanz hilft ihnen, ihre Weiblichkeit, Selbstvertrauen und Sexualität zu öffnen, was sicher Veränderungen in ihr Leben bringt. Und die neue veränderte Sicht aufs Leben macht ihren Tanz reicher, bewusster und intensiver. Und das wiederholt sich immer und immer wieder in einem gewissen Zyklus. Auf jeden Fall bedeutet die Tanzkultur strenge Disziplin und unstillbare Arbeit an sich selbst. Und so eine konsequente Arbeit kann nicht ohne Korrekturen für unser «ICH» bleiben.

Delanna: Ethan Hawke sagt, Erfolg definiert sich nicht durch das, was du erreicht hast, sondern was man für Hindernisse überwunden hat. Was war DEIN Hindernis auf dem Weg zum Erfolg?
Aleksej: Ich hoffe, dass mein Erfolg noch vor mir liegt. Inwiefern ich meinen Erfolg schätzen werde — das werden diese Hindernisse schon zeigen. Auf jeden Fall bin ich kein Fan von «EASY RIDE»


Delanna: Wie würdest du Erfolg definieren?
Aleksej: Erfolg eines Künstlers — das ist sein künstlerisches Glück. Wenn du es schaffst, das, was du persönlich empfindest, an andere weiter zu geben, dann wird es begehrt und verständlich. Die einen denken materialistisch, die anderen poetisch, aber für jeden Künstler ist die «Arbeit am Tisch» sein künstlerischer Tod. Deswegen ist Erfolg das eigentliche künstlerische Dasein, langes und glückliches, und für die ganz Großen sogar ewiges.

Delanna: Ergänze Tanzen ist.....
Aleksej: Leben. Hier kann man nicht anders antworten. Natürlich, für jeden mit einer anderen Motivation und Definition. Aber genau deswegen zieht mich der Tanz auch so an. Ich bin glücklich, weil ich zwei glückliche Leben gleichzeitig führen kann. Das ist wie Jackpot in der Lotterie :)))


Delanna: Was geht in dir vor, wenn du auf die Bühne gehst?
Aleksej: Hinter der Bühne – ein Zustand von Gedankenchaos und wahnsinniger Unruhe... Auf der Bühne löst sich das auf. Du gibst dich vollkommen dem Dialog mit dem Publikum hin. Und wie in jedem Dialog, hängt ein Gespräch von beiden Seiten ab. Neues Publikum – Neuer Gesprächspartner. Das ist ergreifend, interessant und jedes Mal anders.

Delanna: Ein motivierender Satz für alle träumenden und hart arbeitenden Tänzerinnen und Tänzer!
Aleksej: Umdrehen kann man immer, aber den gewünschten Horizont zu erreichen – das ist das Los der Mutigsten und der Helden! Ich gehe. Seid ihr mit mir? Auf dem Weg wird es einige Misserfolge geben, aber noch mehr interessante Treffen, Applause, Freunde und neue Horizonte. Gebt nicht auf! Man weiß nie, was hinter der nächsten Kurve ist.

Delanna: Was darf das Publikum in Deutschland bei 360' von dir erwarten?
Aleksej: Ich gebe mich immer vollkommen der Arbeit hin, deswegen gebe ich alles, was ich mitbringe. Alle Emotionen, alle neuen tänzerischen Arbeiten und die ganze Energie. Auf mein eigenes Risiko werde ich mein neues Programm mitbringen. Ich hoffe, es wird dem Publikum gefallen. Wenn es so sein wird, dann werde ich mehr mitnehmen als ich mitbringe.

Delanna: Verrätst du uns deine Pläne für die Zukunft?
Mein aktueller Lebensabschnitt sieht gerade so aus, dass ich keine langfristigen Projekte plane. Ich beiße mich zielstrebig in die vorhandenen Projekte rein und versuche mit maximalem Aufwand daran zu arbeiten. Jetzt und hier. Vielleicht die Suche nach der neuen Philosophie und die neue Altersstufe zwingen mich dazu, manche Kunst- und Lebenswerte zu überdenken. Ich versuche mich auch als Organisator. Und wenn ich auch schon mit der Organisation einiger Veranstaltungen Erfahrung habe, nimmt mich mein neues Projekt des Sommerfestivals «Kiev Summer REST-N-FEST» voll in Anspruch. Mein Ziel ist es etwas neues und sehr interessantes zu kreieren. Noch arbeitet unser Team da dran, ob es klappt oder nicht — entscheidet ihr!

Vielen Dank für das interessante und außergewöhnliche Gespräch! Bis bald in Deutschland bei 360° Orient

Du bist neugierig auf diesen Künstler? Erlebe Aleksej live im Unterricht und auf der Bühne bei 360° Orient. Alle Infos unter www.360-orient.de 


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