Meine erste Gesprächspartnerin ist Verahzad. Sie gab mir als erste weibliche Tänzerin die Chance, ich zu sein, meine Tanzideen auf ihren Shows zu zeigen und die Choreographien ihren Schülerinnen bei zu bringen. Sie traf auf mich gleichberechtigt und nicht als Lehrerin, zu der sie allerdings dann über die Jahre wurde. Philosophieren, beraten, zuhören, sich mit mir aufregen, manchmal auch in den Allerwertesten treten ;). Ich liebe sie, weil sie in dem ganzen System "Szene" ihren Platz gefunden und erhalten hat. Aber was viel wichtiger ist, neben der Tänzerin sich auch mit der Seite "Mensch" beschäftigt, pflegt und zeigt.
Verahzad, startete mit dem orientalischen Tanz Ende der 80er Jahre und beschloss erst 10 Jahre später Auftrittstänzerin zu werden, was sie bis heute noch ist. Sie zählt zu den Tänzerinnen, die ihr Lebensunterhalt, zwischenzeitlich auch Alleinerziehend durch das Tanzen verdient. Unzählige Arbeit mit arabischen Tänzerinnen, türkischen und arabischen Musikern, Reisen nach Cairo, um die Kultur kennenzulernen und später zum Ahlan Wa Sahlan Festival, Modeln für die Designerin Amira el Kattan, enge Freundin von Sarah Saeeda und Lulu Sabongi, und der Glaube an die innere Kraft der Frau und den Orientalischen Tanz als den Schlüssel dazu sind nur ein Paar Stichpunkte aus einem erfahrungsreichen Tanzleben.
Über deinen Tanz und dein Leben
Tja
, das ist wohl ein abendfüllendes Thema... Da mich der Tanz seit
über 20 Jahren begleitet, müsste ich über mein Leben in dieser
Zeit berichten. Die wichtigsten Stationen raus zu picken gestaltet
sich eher schwierig. Bemerkenswert waren immer meine Kontakte zu
meinen Lehrerinnen, die gemeinsam mit meiner Lebenssituation neue
Anstösse gaben. Am Anfang waren es wohl Samra, die mich mit
meiner persönlichen Einstellung zu Sinnlichkeit und dem Thema
Weiblichkeit konfrontiert hat, Sharazad, durch die ich in
Oberlethe den Einblick in die Bandbreite und Spiritualität des
Orientalischen Tanzes eintauchen konnte, und Beata (damals
Zadou), die durch die Ballettorientierung Bestätigung gab, an klarer
Tanztechnik zu arbeiten, was mir sehr entgegen kam, da ich selber
Ballett gemacht hatte. Als dann Karim Izadi Sterne der Orientalischen Tanzshows in Deutschland organisierte und gleichzeitig
ein Boom ausgelöst wurde, eröffnete ich eines der ersten
Tanzstudios in Deutschland. Wir luden mit mehreren Sponsoren
Internationale Dozenten (Nadia Hamdi, Hoda Ibrahim, Amaya u.a.)
ein und organisierten gemeinsame Workshoptourneen. Zu dieser Zeit war
es eine sehr persönliche Szene, in der tolle Freundschaften
entstanden und wir uns mit unseren Problemen austauschten,
unsere Euphorie teilten. In dieser Zeit war Sahra Saeeda,
damals noch in Ägypten tätig, eingeladen und wohnte eine zeitlang
bei uns. Sie ist seitdem jedes Jahr in Deutschland und eine meiner besten
Freundinnen geworden. Meiner Meinung nach eröffnete sie uns
Tänzerinnen allen eine neue Orientalische Tanzwelt: sie baute ein
Fundament und eine Brücke zum Orient auf, in dem sie uns die Welt des
Ägyptischen Tanzes erklärte. Für mich erschloss sich dadurch nach
der Zeit des Sammelns von Informationen eine neue Welt der
Tanzethnologie, Berücksichtigung der Orientalischen Mentalität,
Musik und Kulturkunde und neue Sichtweisen auf ein Gesamtkonzept als
Tänzerin. Als Folge musste ich vor Ort mit dem Original lernen, mit Live- Trommler, den Geruch Kairos einatmen, die Pyramiden
anschauen, Tänzerinnen vor Ort tanzen sehen, die ägyptische
Herzlichkeit kennen und lieben lernen, die Verehrung und Verachtung
von Bauchtänzerinnen erleben usw. Ich glaube, mit Gamila und
ein paar Schülerinnen von mir waren wir die ersten Deutschen, die
bei dem kleinen ägyptischen Festival Ahlan wa Sahlan dabei
waren. Boom, und wieder eine neue Etappe: überall auf der Welt gab
es grosse Tanzstudios, wobei jede Nation ihre typischen Prägungen hat. Ich
lernte sehr viele Südamerikanerinnen kennen, aber auch
Nordamerikanerinnen, Europäerinnen, sah Souhair Zaki bei
ihrem letzten WS, erlebte die Ergriffenheit einer Tanzgemeinschaft
für ihr Lebenswerk (250 Frauen, die minutenlang weinten und
klatschten). Die nächsten Jahre kamen immer mehr Deutsche nach Kairo
und teilten inspiriert ihre Passion, das Tanzniveau stieg endlich
allgemein an und verschiedene Richtungen bildeten sich aus. Ich
entschied mich aus privaten Gründen meinen Schwerpunkt, wie die ägyptischen Tänzerinnen, auf das
Entertainment zu legen und nicht
nur zu lehren. Ausserdem hat man nie ausgelernt. Ich bin dankbar von
so vielen Tänzerinnen unterstützt worden zu sein, mit ihnen auf der
Bühne an gemeinsamen Projekten gearbeitet zu haben, dass ich mein Privatleben
in den Tanz einfliessen lassen und mich mit ihm entwickeln
konnte, dass ich so viele prägende Weggefährten hatte und mich immer noch über eine neue Generation von Tänzerinnen begeistern, mich über zu viel Kommerz und Marketing aufregen, über
unterschiedliche Ansätze diskutieren und trotzdem freundschaftlich verbunden zu sein kann, therapeutische und philosophische Aspekte einfliessen lassen
kann und mich immer noch mit dem Tanz als meinen wichtigen
Lebensweg entwickle.
Über den Unterschied
zwischen der Auftritts- und Bühnentänzerin
Das erste, was mir einfällt ist, dass ich als Auftrittstänzerin immer FÜR andere tanze und als Bühnentänzerin MICH tanze. Wenn ich mir eine Show ausdenke, habe ich immer auch eine künstlerische Message gehabt: so wie z.B. den 11. September zu verarbeiten, wo Sahra und ich eine Kriegsszene tänzerisch eingebaut hatten, die uns persönlich sehr ergriffen hat oder mein Riesenschleiertanz zu Chill- out Musik. Es war uns eigentlich egal, was die Leute dazu meinten, weil wir uns mit den Mitteln des Tanzes ausdrücken wollten. Bei Kunst geht es nicht unbedingt darum, ob es gefällt, sondern was ich mitteilen möchte. Auf meinen Shows erlaube ich mir die künstlerische Freiheit, auch andere Tänze auszuprobieren - bzw. den anderen teilnehmenden Künstlern. Meine eigene Erwartungshaltung ist bei Orientalischen Shows genauso: ich möchte neue Ideen sehen, Kreativität auf der Bühne, Trauer, Schmerz, Witz etc. Da geht es eigentlich um Tanztheater mit den Mitteln des Orientalischen Tanzes.
Im Gegensatz dazu versuche ich als Auftrittstänzerin, Menschen glücklich zu machen, ein Klischee zu bedienen. Als Entertainerin (und so verstehe ich mich dann, in der direkten Reihe zu Coverbands, Schlagersängern und Stand-up-Comedians) gehe ich auf die Wünsche der Kunden ein, bleibe in der Oberflächlichkeit: der Kunde erwartet eine schöne, glitzernde Tänzerin, die allen gute Laune macht und die Feier zu einem besonderen Erlebnis macht. Der Kunde möchte ein weisses Kostüm und romantische Lieder mit Schleier - kein Problem. Der Kunde möchte einen rassigen Vamp, der Stimmung verspricht - Ok, ich richte mich danach.
Damit mich hier niemand falsch versteht: ich liebe das mehr als alles andere!!! Was gibt es schöneres, als andere Menschen, und sei es nur für einen Abend, glücklich zu machen, sie an die Schönheit des Lebens glauben zu lassen und ihr Herz zu öffnen? Das Niveau eines erfolgreichen Entertainers muss selbstverständlich genauso hoch sein, wie der eines Bühnendarstellers, aber im Unterschied zu ihm muss ich mein Publikum lieben und es einbeziehen, auf meine Reise in den Orient mitnehmen.
Gerade im Orientalischen Tanz geht es in Ägypten, der Türkei, dem Libanon usw. um Entertainment und nicht nur um Selbstdarstellung auf einer Bühne. Tanz ist die direkte Kommunikation! Mit dem Orientalischen Tanz werden Lebensunterhalte verdient, ein neues Frauenbild geprägt, siehe Farida Fahmi, Souhair Zaki und Dina, die übrigens nicht für das gleiche Frauenbild stehen. Tanz wird nicht getrennt von Musikern oder dem Publikum gesehen. Ich tanze ja nun seit über 15 Jahren auf allen national unterschiedlichen Feiern und passe meine Auftritte dem Publikum an. Türken möchten andere Musik als Libanesen. Ägypter brauchen mindestens ein Herzschmerzstück. Russen brauchen mehr Romantik und Show, Deutsche mehr Abstand! Albaner sehen in mir etwas anderes als Griechen. Ihr seht, es ist nicht einfach. Und ich muss immer sehen, dass ich meinen eigenen Stolz bewahre, mir meiner eigenen Identität bewusst bin, meine Moralvorstellungen hochhalte. Ja, das ist die Kehrseite über die sich jede Frau bewusst sein sollte: die Realität ist nicht so geschützt wie die Bühne! Es ist nur ein Job für Frauen, die sich über ihre Macht gegenüber Männern bewusst sein sollten. Ist es umgekehrt, werden sie untergehen, bzw. in die Prostitution übergehen! Es ist eine Gradwanderung, denn so wie du dich als Frau siehst, wird dein männliches Publikum dich wahrnehmen. Begibst du dich in eine Opferrolle, kann es gefährlich werden. Leider gibt es immer noch Bauchtänzerinnen, die wie ein Stück "Dreck" behandelt oder als Sexobjekte missbraucht werden, was wiederum zu dem schlechten Ruf der Autrittstänzerinnen beiträgt. Nur was mich immer geärgert hat, ist, dass GUTE AUFTRITTSTÄNZERINNEN oft authentischer den Orientalischen Tanz wiederspiegeln und einen super Job absolvieren, was in der Tanzszene von vielen belächelt wird. Und sie tanzen FÜR Orientalische Menschen, bringen ihnen ein Stück Heimat für einen Abend, teilen positive Gefühle mit ihnen, weil sie sich das Schönste aus deren Kultur rausgepickt haben.
Ich liebe die Menschen, die Kultur und die Musik des Orients und kann ihnen ein Stückchen meiner Liebe zurückgeben. Ich habe fantastische Menschen über meine Auftritte kennengelernt, interessante, kollegiale Frauen, die sich die Jobs weiterreichen und habe immer noch sehr viel Spass an den Auftritten. Ich kann mir ein anderes Leben gar nicht vorstellen und denke manchmal mit Wehmut daran, dass es ja nun leider zeitlich begrenzt ist. Niemand möchte eine professionelle Tänzerin einladen und dann nur über ihr Alter und Aussehen lästern, was wiederum auf der Bühne nicht so wichtig ist. Da zählen andere Werte!
Das erste, was mir einfällt ist, dass ich als Auftrittstänzerin immer FÜR andere tanze und als Bühnentänzerin MICH tanze. Wenn ich mir eine Show ausdenke, habe ich immer auch eine künstlerische Message gehabt: so wie z.B. den 11. September zu verarbeiten, wo Sahra und ich eine Kriegsszene tänzerisch eingebaut hatten, die uns persönlich sehr ergriffen hat oder mein Riesenschleiertanz zu Chill- out Musik. Es war uns eigentlich egal, was die Leute dazu meinten, weil wir uns mit den Mitteln des Tanzes ausdrücken wollten. Bei Kunst geht es nicht unbedingt darum, ob es gefällt, sondern was ich mitteilen möchte. Auf meinen Shows erlaube ich mir die künstlerische Freiheit, auch andere Tänze auszuprobieren - bzw. den anderen teilnehmenden Künstlern. Meine eigene Erwartungshaltung ist bei Orientalischen Shows genauso: ich möchte neue Ideen sehen, Kreativität auf der Bühne, Trauer, Schmerz, Witz etc. Da geht es eigentlich um Tanztheater mit den Mitteln des Orientalischen Tanzes.
Im Gegensatz dazu versuche ich als Auftrittstänzerin, Menschen glücklich zu machen, ein Klischee zu bedienen. Als Entertainerin (und so verstehe ich mich dann, in der direkten Reihe zu Coverbands, Schlagersängern und Stand-up-Comedians) gehe ich auf die Wünsche der Kunden ein, bleibe in der Oberflächlichkeit: der Kunde erwartet eine schöne, glitzernde Tänzerin, die allen gute Laune macht und die Feier zu einem besonderen Erlebnis macht. Der Kunde möchte ein weisses Kostüm und romantische Lieder mit Schleier - kein Problem. Der Kunde möchte einen rassigen Vamp, der Stimmung verspricht - Ok, ich richte mich danach.
Damit mich hier niemand falsch versteht: ich liebe das mehr als alles andere!!! Was gibt es schöneres, als andere Menschen, und sei es nur für einen Abend, glücklich zu machen, sie an die Schönheit des Lebens glauben zu lassen und ihr Herz zu öffnen? Das Niveau eines erfolgreichen Entertainers muss selbstverständlich genauso hoch sein, wie der eines Bühnendarstellers, aber im Unterschied zu ihm muss ich mein Publikum lieben und es einbeziehen, auf meine Reise in den Orient mitnehmen.
Gerade im Orientalischen Tanz geht es in Ägypten, der Türkei, dem Libanon usw. um Entertainment und nicht nur um Selbstdarstellung auf einer Bühne. Tanz ist die direkte Kommunikation! Mit dem Orientalischen Tanz werden Lebensunterhalte verdient, ein neues Frauenbild geprägt, siehe Farida Fahmi, Souhair Zaki und Dina, die übrigens nicht für das gleiche Frauenbild stehen. Tanz wird nicht getrennt von Musikern oder dem Publikum gesehen. Ich tanze ja nun seit über 15 Jahren auf allen national unterschiedlichen Feiern und passe meine Auftritte dem Publikum an. Türken möchten andere Musik als Libanesen. Ägypter brauchen mindestens ein Herzschmerzstück. Russen brauchen mehr Romantik und Show, Deutsche mehr Abstand! Albaner sehen in mir etwas anderes als Griechen. Ihr seht, es ist nicht einfach. Und ich muss immer sehen, dass ich meinen eigenen Stolz bewahre, mir meiner eigenen Identität bewusst bin, meine Moralvorstellungen hochhalte. Ja, das ist die Kehrseite über die sich jede Frau bewusst sein sollte: die Realität ist nicht so geschützt wie die Bühne! Es ist nur ein Job für Frauen, die sich über ihre Macht gegenüber Männern bewusst sein sollten. Ist es umgekehrt, werden sie untergehen, bzw. in die Prostitution übergehen! Es ist eine Gradwanderung, denn so wie du dich als Frau siehst, wird dein männliches Publikum dich wahrnehmen. Begibst du dich in eine Opferrolle, kann es gefährlich werden. Leider gibt es immer noch Bauchtänzerinnen, die wie ein Stück "Dreck" behandelt oder als Sexobjekte missbraucht werden, was wiederum zu dem schlechten Ruf der Autrittstänzerinnen beiträgt. Nur was mich immer geärgert hat, ist, dass GUTE AUFTRITTSTÄNZERINNEN oft authentischer den Orientalischen Tanz wiederspiegeln und einen super Job absolvieren, was in der Tanzszene von vielen belächelt wird. Und sie tanzen FÜR Orientalische Menschen, bringen ihnen ein Stück Heimat für einen Abend, teilen positive Gefühle mit ihnen, weil sie sich das Schönste aus deren Kultur rausgepickt haben.
Ich liebe die Menschen, die Kultur und die Musik des Orients und kann ihnen ein Stückchen meiner Liebe zurückgeben. Ich habe fantastische Menschen über meine Auftritte kennengelernt, interessante, kollegiale Frauen, die sich die Jobs weiterreichen und habe immer noch sehr viel Spass an den Auftritten. Ich kann mir ein anderes Leben gar nicht vorstellen und denke manchmal mit Wehmut daran, dass es ja nun leider zeitlich begrenzt ist. Niemand möchte eine professionelle Tänzerin einladen und dann nur über ihr Alter und Aussehen lästern, was wiederum auf der Bühne nicht so wichtig ist. Da zählen andere Werte!
Über
YOGA und den Säbeltanz
YOGA
ist eigentlich eine Lebenseinstellung und Geisteshaltung, aber auch
Gymnastik mit spirituellem Hintergrund. Anstatt sich einfach nur zu
dehnen, bevorzuge ich entspannende Musik zu der ich ausgleichende
Dehnübungen aus dem Yoga praktiziere. Yoga ist die ideale Ergänzung
für Tänzerinnen, da der Yoga auch einem Tanz ähnelt. Es macht
einem die beanspruchten Muskelpartien und Defizite an denen
man arbeiten sollte deutlich und macht Spass.
Wer
mich kennt, weiss dass mir die Selbsterfahrung und eigene
Entwicklung durch den Tanz wichtig ist. Ein Säbel als Verteidigungs- und
Angriffsinstrument, symbolisiert meine eigene Stärke, mein
Verteidigungspotential, erfordert im Tanzausdruck Posen zu halten,
Spannung aufzubauen. Baue ich diese Fähigkeiten tänzerisch aus oder
erkenne, dass sie mir fehlen, kann ich daran arbeiten und mich selber
dazu coachen, kraftvoller zu werden.
Über
Veränderungen
Der
Ägyptische Tanz ist beständig in seiner Veränderung: massgebliche Tänzerinnen so wie z.B. Fifi Abdou, Souhair Zaki in den
70er/ 80er Jahren, Naima Akef, Taheya Carioca in den 50er Jahren, waren für viele Frauen Vorbilder, um ihnen im Orientalischen Tanz
nachzueifern. Dann kam eine Revolution mit Lucy und Dina in den 90er
und 2000er, die dem Tanz Raumgrösse gaben und auch das Frauenbild
mit veränderten. In den letzten 5-10 Jahren kamen wiederum Einflüsse
aus Südamerika und Russland hinzu, die das Tanzniveau nochmal
angehoben haben, indem Elemente aus Ballett und Contemporary Dance
einflossen, was die Original- Tänzerinnen in ihr Tanzrepertoire
einfliessen lassen. Für uns ist die Herausforderung, diese
Veränderungen mitzutragen und den Orientalischen Tanz auf ein neues
internationales Tanzniveau zu heben. Der Orientalische Tanz hat seine
eigene Berechtigung, aber Tanz bedeutet immer auch Entwicklung.
Über
die politische Lage in Ägypten und Oum Kolthoum
Zu
der politischen Lage: ich bin ein grenzenloser Optimist, was die
Entwicklung der Menschheit angeht. Ich glaube an den jugendlichen
Idealismus und die positive Veränderung. Erstmal muss die Mubarak
Zeit verarbeitet werden, das Frauenrechte - Thema in Ägypten
angegangen werden, die Armut bekämpft, der Fundamentalismus in
seinen Ursachen und Radikalität verstanden werden, die Umweltpolitik
speziell in Kairo angegangen werden und erst dann kann was neues
entstehen... Die Pyramiden sind auch nicht an einem Tag erbaut
worden. Ägypter haben ihren Glauben und eine sehr liebevolle Art im
Umgang miteinander. Schlechte Menschen gibt es leider überall, aber
langfristig wird die neue Bewegung siegen! Und an alle Miesmacher:
wenn wir alle Lichtgedanken in die Dunkelheit schicken, wird es auch
schneller hell!!
Was
aktuell an Oum Kolthoum ist, ist ihre Gefühlswelt, die für alle
Menschen gleich ist. Wir spüren alle Liebe, Hoffnung, Schmerz,
Trauer, Wut, Resignation etc. Das wird mit ihrer meisterhaften
Interpretation in den wunderbaren Stücken spürbar. Ausserdem hat
sie Musik als wichtigsten Antriebsmotor der Menschheit verstanden,
war eine idealistische Person, die ihr Leben der Kunst gewidmet hat
und andere Künstler auf ihrem Weg mitgenommen und geschätzt hat.
Sie war eine der herausragendsten Personen des letzten Jahrhunderts
(schaut euch mal ihre Beerdigung an). Sie lehrt uns Respekt und Liebe
füreinander. Sie hat damals die traditionelle Orientalische
Musikwelt revolutioniert und Einflüsse aus der westlichen Musikkunde
übernommen und damit zu einer Öffnung verholfen, die in die Köpfe
und Herzen der Menschen ging. Als Technobeats in die Musik kamen,
wurden sogar Oum Kolthoums Lieder neu vertont. Als Tänzerinnen
profitieren wir von der Vielfältigkeit und Tiefe ihrer Musik, die
uns zu unseren eigenen Gefühlen führt.
Über die Liebe
Was
uns in allen Lebensbereichen trägt, ist die Liebe. Wer
Liebe in all seinen Facetten verspürt hat, den Schmerz, die
Sehnsucht, die Angst um einen geliebten Menschen und vor allem die
bedingungslose, glückliche Liebe, der kann im Tanz seine Liebe
ausdrücken und wird Menschen durch seine Ausdrucksfähigkeit
berühren. Das
ist die Essenz von Tanz: mit anderen Menschen ein Gefühl zu teilen, sich verbunden zu fühlen. Liebe ist ein Hauptthema in der Musik,
also sollten wir als Tänzer(-innen) das auch spürbar machen.
Über die Hoffnung
Ich
habe immer noch nicht die Hoffnung aufgegeben, dass der
Orientalische Tanz einen hohen Stellenwert als eigenständige
Tanzform bekommt. Wir, Orientalischen Tänzerinnen, müssen ein
grösseres Selbstbewusstsein bekommen, worin sich unser Tanz von
anderen unterscheidet. Wir integrieren seit Jahren alle möglichen
zeitgenössischen Trends, so wie Ballett, Contemporary, Flamenco,
Tango , Hip- Hop etc. Aber die Tiefe unseres speziellen Tanzes muss
mehr hervorgehoben werden: wir beziehen uns in diesem Tanz auf
Weiblichkeit als Klischee, und das hat einen eigenen Wert!!! Nur weil
wir uns hübsch machen, lange Haare haben, Glitzerkostüme tragen,
sind wir noch lange nicht oberflächlich! Es ist die Schönheit in
uns, die wir nach außen tragen wollen. Wir haben alle eine
Sehnsucht nach Glitzer. Hundertwasser hat einmal gesagt, dass jeder
Mensch das Recht auf ein bisschen Gold und Silber hat. Gold und
Glitzer stehen symbolisch für das Licht in uns, für das, was aus
der Dunkelheit, dem Alltag, aus uns heraus strahlt. Ich habe die
Hoffnung, das wir uns von dem elitären, westlichen, männlichen
Kunstgedanken befreien und eine neue weibliche Definition von Kunst
entwickeln. Orientalischer Tanz vereint hohe musikalische Kunst mit
Tanzperfomance. Und wem das nicht gefällt, der kann doch
Contemporary Dance tanzen, oder?
Über Vereinbarkeit
von Tanz und Lebensrealität
In
erster Linie war und bin ich die ganzen Tanzjahre Mutter! Teilweise
finanziell alleinerziehend und habe immer schon ausschliesslich vom
Orientalischen Tanz ( Shows und Unterricht ) gelebt. Jahrelang hatte
ich eine sehr unterstützende Putzfrau, ohne die ich das alles nicht
geschafft hätte und super liebe, und verständnisvolle Kinder. Meine
besten Freundinnen tanzen Gott sei Dank auch, so dass wir neben Privatem auch immer Austausch über den Tanz haben, denn der
dominiert schon arg mein Leben. Manchmal war ich schon traurig,
dass ich an Wochenenden nichts mit Freunden planen konnte, aber daran, wie z.B. kein Sylvester zu feiern, habe ich mich gewöhnt. Ich habe
den Tanz auch immer als persönliche Entwicklungschance
begriffen und meine Lebensthemen in den Tanzunterricht einfliessen
lassen. Nach
den ersten Jahren ohne Privatleben, habe ich beschlossen, mehr
Grenzen zu ziehen. Ich glaube, dass ich gar keine richtige
Trennungslinie mehr ziehen kann, weil ich schon so lange in dieser
Tanz – Frauenwelt lebe. Eigentlich bin ich froh, dass ich als
Künstlerin die Chance habe, davon zu leben und bin wahrscheinlich
für einen „ normalen „ Job verdorben. Meine Realität ist sehr
orientalisch, südamerikanisch und in vielen Dingen auch deutsch.
In meiner Stadt bin ich akzeptiert und muss nicht gegen Vorurteile
kämpfen. Es ist wie es ist!
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